Fußdeformitäten

Die Funktion des Fußes spielt beim aufrechten Gang eine zentrale Rolle. Er ist unsere Kontaktfläche zum Boden, trägt die Last des Körpers und ist beim Gehen oder Rennen sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Ist die Funktion des Fußes durch eine Verletzung oder eine Deformität verändert, kann es zu Einschränkungen oder einem untypischen Gang kommen. Die veränderte Funktion des Fußes kann sich auf die gesamte Becken-Bein-Gelenkkette auswirken. Aufgrund seiner komplexen anatomischen Struktur und dem Zusammenwirken unterschiedlicher Fußknochen und Strukturen, kann seine Funktion in einer klinischen Untersuchung nicht vollständig erfasst werden. Insbesondere in der Fortbewegung können Bewegungen der einzelnen Fußstrukturen mit dem bloßen Auge nur eingeschränkt analysiert werden.

2006 konnte eine mathematische Methode zur Analyse der Fußfunktion etabliert werden, die ebenfalls bei Fußdeformitäten anwendbar ist [1]. Es konnte in Folgeprojekten vorbehandelte Klumpfüße, kindliche Knicksenkfüße sowie Fußbewegung nach OSG-Arthrodesen untersucht werden. Darüber hinaus konnten Studien zur Fußfunktion nach unterschiedlicher operativer Behandlung einer Sprunggelenksfraktur (Weber-Fraktur) veröffentlicht werden [2]. Es konnte unter anderem eine geringere Beweglichkeit 9 und 26 Wochen nach der Operation gezeigt werden [3].

Seit 2021 wird im Zuge des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes „3DFOOT – Data-Integrated, 3D muscle modelling For Optimised Orthopaedic surgery of the Foot)“ ein Fußmodell entwickelt. Das Projekt wird in Kooperation mit dem Fraunhofer-IPA Institut Stuttgart und der Universität Stuttgart durchgeführt. Ziel des Verbundes 3DFoot ist die Untersuchung der Fußfunktion beim Gehen und die Übertragung dieses Wissens an die orthopädische Chirurgie zur Behandlung von Fußfehlfunktionen. Im Verbund soll ein detailliertes muskuloskelettales Fußmodell entwickelt werden, welches alle wesentlichen strukturellen und funktionalen Merkmale von Unterschenkel, Sprunggelenk und Fuß auch in seiner pathologischen Form beinhaltet und quantitative Vorhersagen von möglichen operativen Eingriffen erlaubt. Die Hauptziele von 3DFoot sind die Anwendung maschineller Lernalgorithmen auf drei-dimensionale Bewegungsdaten zur Charakterisierung der Fußfunktion und die Erfassung von objektiven Messdaten vor, während und nach einer Fußoperation. Des Weiteren wird ein verbessertes klinisches Protokoll für die Fußbeurteilung, die Operationsplanung und Ergebnisvorhersage verschiedener Eingriffsszenarien entwickelt. Mithilfe des entwickelten Fußmodells in der Ganganalyse kann die Fußfunktion sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen individuell erfasst werden [4, 5]. Die 3D-Bewegungsanalyse des Fußes beim Gehen leistet damit einen wichtigen Beitrag zur individuellen Therapieplanung von Patient*innen. Neben Einzelfallanwendungen bei Patient*innen wird in mehreren Studien die Fußfunktion im Gang bei unterschiedlichen Fußdeformitäten untersucht.

Ergänzend wird ein kinetisches Modell des Fußes entwickelt, mit welchem die Kräfte zwischen den Fußstrukturen analysiert werden sollen. Die Methode wird durch Fußdruckmessungen ergänzt, die Druckspitzen an der Fußsohle beim Gehen hervorheben kann.

1Simon, J., et al., Gait Posture, 2006. 23(4): p. 411-24.
2Doll, J., et al., 2020. 21: p. 1-10.
3Bopple, J.C., et al., J Foot Ankle Res, 2022. 15(1): p. 2.
4Salami, F., et al., Gait & Posture, 2022. 97: p. 203-209.
5Salami, F., et al., Gait Posture, 2020. 77: p. 95-99.